Gebete nach der Wandlung
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Gebete nach der hl. Wandlung

 

Unde et memores

In der ersten Kanonstrophe nach der Wandlung wird die im eigentlichen Opferakt enthaltene Darbringung weiter entfaltet und gedeutet. Leider machen es die gewohnten deutschen Übersetzungen nicht leicht, die wirkliche Bedeutung dieses Gebetes zu erfassen. Es besagt in erster Linie eine Darbringung, denn das Unde bezieht sich auf die Darbringung der Opfergaben, das Memores ist nur Adjektiv: Unde ... offerimus - Darum opfern wir! Wir bringen das geopferte Gotteslamm dar, dessen Opferleib und Opferblut nun vor uns auf dem Altar liegen. Er selbst ist die Hostia, die reine, heilige, makellose Opfergabe. In den fünf Kreuzzeichen, welche an dieser Stelle über die Opfergaben gezeichnet werden, sehen wir nicht nur Hinweiszeichen, sondern darüber hinaus auch eine Erinnerung an die heiligen fünf Wunden und an Christi Leiden und Tod. „Werden die eucharistischen Opfergaben genannt, dann tritt passend das Symbol des Kreuzes hinzu, um auch für das Auge anschaulich zu machen, daß auf dem Altar der nämliche Leib und das nämliche Blut geopfert werde wie einst am Kreuz.“ (Gihr, Das heilige Meßopfer, Herder-Verlag Freiburg 1902, S. 616)

Indem wir das heilige Opfer vollziehen, entsprechen wir dem Befehl des Herrn: „Tuet dies, sooft ihr es tut, zu meinem Gedächtnis.“ Dabei ist zu bedenken, daß das heilige Meßopfer ja nicht nur die Gegenwärtigsetzung des Kreuzesopfers ist, sondern ebenso „die lebendige Gedächtnisfeier und der geheimnisvolle Vollzug des ganzen Erlösungswerkes: Christus ist als Hoherpriester und Opfergabe auf dem Altar gegenwärtig mit allen Früchten und Verdiensten seiner Erlösung“ (Gihr, ebd., S. 613). Aus dem Gedenken wächst der Dank, und dieser wiederum drängt danach, sich auszudrücken im Opfer. Deshalb müssen wir diese Kanonstrophe richtig übersetzen: Weil wir eingedenk (memores) sind, darum opfern wir (offerimus)! Drei große Heilsmysterien werden namentlich erwähnt: Die tam beata passio - die so sehr glückselige Passion -, die Auferstehung und die Himmelfahrt als Krone und Vollendung des Erlösungswerkes.

Zuerst und hauptsächlich vollzieht sich diese Aufopferung durch die geweihten Priester (nos servi tui). Jedoch sind auch die übrigen Gläubigen dank der Taufe und kraft ihrer allgemeinen priesterlichen Würde wirklich Mitopfernde. Die Worte plebs tua sancta sprechen den übernatürlichen Adel des Gottesvolkes aus: „Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein geheiligtes Volk.“ (1 Petr 2,9)

Supra quae

In der nächsten Kanonstrophe ist es zunächst ein wenig schwierig zu verstehen, weshalb hier um die huldvolle Aufnahme des Opfers gebetet wird, da der Vater ja sowieso mit unendlichem Wohlgefallen auf das Opfer des Sohnes schaut. Auch stellt sich die Frage, wie das Opfer Jesu verglichen werden kann mit den Opfern der Vorzeit, das es ja unvergleichlich viel höher steht als das Opfer Abels, Abrahams und Melchisedechs.

Der Sinn dieses Gebetes mag deutlich werden, wenn wir uns nochmals die Wahrheit des mystischen Leibes vergegenwärtigen. Das Opfer Christi ist zugleich auch das Opfer der Kirche. Christus opfert sich durch den Dienst der Kirche und vollzieht sein Opfer gleichsam eingehüllt in das Opfer der Kirche. Die Kirche bringt es dar als ihr Opfer, indem sie selbst sich mit der Opfergabe vereint. Insofern es aber das Opfer der Kirche und unser Opfer ist, ist es mit Schwachheit behaftet, und eben darauf zielt das Supra quae. „Das Gebet um huldreiche Aufnahme bezieht sich somit auf das eucharistische Opfer, sofern die Kirche als opfernd und mitopfernd in den Vordergrund tritt.“ (Gihr, ebd. S. 617)

Aus der Erwähnung der Opfer der Vorzeit ersehen wir die Kontinuität der Heilsgeschichte vom ersten Gerechten an bis hin zu Christus. Dabei sind die Opfer des Alten Bundes nur Schatten und Vorbilder. Sie hatten ihren Sinn im Hinblick auf das Opfer Christi. Von Abel  heißt es ausdrücklich: „Der Herr blickte auf Abel und seine Opfergabe.“ (Gen 4,4) In seiner Drohrede über die Pharisäer spricht Jesus selbst vom „Blut des gerechten Abel“ (Mt 23,35), der eben dadurch, daß er sein Opfer in seinem eigenen, schuldlos vergossenen Blut vollendete, zum Vorbild dessen wurde, von dem Pilatus sagen sollte: „Ich bin unschuldig am Blute dieses Gerechten.“ (Mt 27,24) und dessen Blut „wirksamer redet als das Blut Abels“ (Hebr 12,24).

Sehr passend wird dieser Gedanke auch ausgedrückt in der Sekret des 7. Sonntages nach Pfingsten: „O Gott, Du hast all den verschiedenen Opfern des alten Gesetzes durch das eine vollkommene Opfer ihre Erfüllung gegeben; so nimm das Opfer von den Dir ergebenen Dienern an und heilige es mit gleichem Segen wie das Opfer Abels, auf daß allen zum Heile gereiche, was jeder einzelne zur Ehre Deiner Majestät dargebracht hat.“

In der Auflistung der alttestamentlichen Opfer erkennen wir eine wunderbare Steigerung: Abel, der Gerechte (justus), opfert das Lamm; Abraham, der Vater (patriarcha), opfert den Sohn; Melchisedech, der Priester (sacerdos), opfert Brot und Wein.

Supplices

Der Gestus der tiefen Verbeugung des Körpers beim Supplices te rogamus entspricht ganz dessen Inhalt und ist Ausdruck von Inständigkeit und Demut. Bei der Bitte, das Opfer möge emporgetragen werden vor das Angesicht der göttlichen Majestät, wendet der Priester gleichsam angesichts der Fülle des Lichtes der jenseitigen Sphäre den Blick nach unten.

Als Bezeichnung für die Opfergabe steht hier einfach nur haec = dieses. Im Deutschen kennen wir ebenfalls den Gebrauch des Neutrum zur Andeutung eines großes Geheimnisses und zum Ausdruck von Ehrfurcht und Scheu, wie etwa in den Begriffen das hochwürdigste Gut oder das Allerheiligste. Auch ist dieses Haec wiederum offen für zwei Bedeutungen: Es meint sowohl das heilige Opfer des wahren Leibes Christi als auch das Opfer des mystischen Leibes.

Der erwähnte Engel wird gewöhnlich gedeutet als Anspielung auf den Opferengel vor dem himmlischen Altar in der Geheimen Offenbarung: „Und als es das siebente Siegel öffnete, wurde es still im Himmel, wohl eine halbe Stunde lang. Und ich sah die sieben Engel, die vor Gott stehen, und es wurden ihnen sieben Posaunen gegeben. Ein anderer Engel kam und trat vor den Altar, eine goldene Rauchschale tragend, und viel Räucherwerk wurde ihm gegeben, daß er es darbringe unter dem Gebet aller Heiligen auf dem goldenen Altar vor dem Throne Gottes. Und der Rauch des Räucherwerkes stieg unter den Gebeten der Heiligen aus der Hand des Engels empor zu Gott.“ (Offb 8,1 - 4) Zusammen mit dem heiligen Thomas von Aquin ist es aber auch möglich, in diesem Opferengel Christus selbst zu erkennen, der unsere Gabe entgegennimmt und auf den himmlischen Altar niederlegt. Dabei beruft er sich auf den Introitus der dritten Weihnachtsmesse, der in Anlehnung an Is 9,6 Christus als magni consilii Angelus bezeichnet (vgl. Summa theologica III,83,4 ad 9).

Wir erkennen in diesem Gebet die bereits in der Erklärung zur Opferung erwähnten beiden Linien wieder: Der erste Teil ist ganz empor gerichtet zu Gott, vor den die Opfergabe gebracht werden soll. Nach dem Wörtchen ut tritt dann eine deutliche Wendung ein: Nun geht es um die Teilhabe an der Opferfrucht, „damit wir alle, die wir durch die Teilnahme an diesem Altar den hochheiligen Leib und das Blut deines Sohnes empfangen, mit allem Gnadensegen des Himmels erfüllt werden“.

Memento etiam

Nachdem wir für uns den Gnadensegen des Himmels erbeten haben, gedenken wir im Memento etiam all derer, die selbst das Sakrament nicht mehr empfangen können, der Gnadenstrom vom Altar möge auch die Verstorbenen erreichen. Während im Memento vor der Wandlung das Mitopfern der Lebenden erwähnt wurde (qui tibi offerunt), wird im Memento nach der Wandlung deutlich, daß die Verstorbenen selbst nicht mehr opfern können, sondern nur noch der Opferfrüchte teilhaftig werden.

In der Formulierung qui nos praecesserunt (= die uns vorangegangen sind) liegt nicht nur der Ausdruck von enger Zusammengehörigkeit mit der leidenden Kirche im Fegfeuer, sondern es ist zugleich für die streitende Kirche eine deutliche Mahnung an den Tod: „Seid auch ihr bereit, denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, da ihr es nicht vermutet.“ (Mt 24,44) Bei der Bezeichnung mit dem signum fidei, dem Zeichen des Glaubens, denken wir an das Taufsiegel, welches auch unserer Seele eingeprägt ist als Zeichen unbedingter Zugehörigkeit und unverbrüchlicher Treue zu Christus und seiner Kirche. Der Zustand der Seelen im Fegfeuer wird sehr positiv beschrieben als ‚Schlaf des Friedens‘ (dormiunt in somno pacis). Der Friede ist ihnen gesichert und sie harren ihrer vollen Erlösung entgegen. Wohl sind sie noch nicht am Ziel, aber auf dem Weg, auf dem sie das Ziel nicht mehr verlieren können. „Selig die Toten, die im Herrn sterben von nun an! Wahrlich, spricht der Geist, sie werden ausruhen von ihren Mühen; denn ihre Werke folgen ihnen nach.“ (Offb 14,13)

Die himmlische Seligkeit wird dreifach umschrieben als Ort erfrischender Kühle (locus refrigerii), des Lichtes und des Friedens. Die erfrischende Kühle mag darauf hindeuten, daß die läuternden Strafen des Fegfeuers beendet sein werden: „Transivimus per ignem et aquam: et eduxisti nos in refrigerium. - Durch Feuer und Wasser sind wir geschritten: und du hast uns hinausgeführt zum Ort der Erfrischung.“ (Ps 65,12 Vulg) Auch denken wir an die Bitte des reichen Prassers im Gleichnis vom armen Lazarus: „Als er in der Unterwelt in der Qual seiner Schmerzen seine Augen erhob, sah er Abraham von ferne und Lazarus in seinem Schoß. Da rief er: Vater Abraham, erbarme dich meiner und sende den Lazarus, daß er die Spitze seines Fingers ins Wasser tauche und meine Zunge erfrische; denn ich leide große Pein in dieser Glut.“ (Lk 16,23 f.) Als Ort des Lichtes erscheint das himmlische Jerusalem als Bild der Vollendung der Kirche auch in der Apokalypse:  „Die Stadt bedarf weder der Sonne noch des Mondes, daß sie scheinen in ihr; denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtete sie, und ihre Leuchte ist das Lamm.“ (Offb 21,23) Auch werden wir an den herrlichen Vers des 36. Psalmes erinnert: „Am Reichtum deines Hauses laben sie sich, mit dem Strom deiner Wonnen tränkst du sie. Ja, bei dir ist die Quelle des Lebens, in deinem Lichte schauen wir Licht.“ (Ps 36,9 f)

Schließlich sei noch hingewiesen auf die Verneigung des Hauptes bei den Worten Per eundem Christum, Dominum nostrum. Diese Verneigung ist nicht unmittelbar vom Text her zu erklären, da der Name Jesus ja gar nicht genannt wird. Statt dessen finden wir eine einleuchtende allegorische Deutung: Der Priester neigt das Haupt, um den Tod Christi darzustellen, welcher ebenfalls inclinato capite (vgl. Joh 19,30) starb. „Sterbend hat Christus am Kreuze sein Haupt geneigt und ist dann in die Tiefe des Totenreiches hinabgestiegen, um die Frommen der Vorzeit dort zu trösten und aus ihrer Gefangenschaft zu befreien. Daran will der Priester nun erinnern durch Neigung seines Hauptes, da er ja hier für alle in Christus Ruhenden betet und fleht.“ (Gihr, ebd. S. 635)

Nobis quoque

Zum Nobis quoque peccatoribus erhebt der Priester ein wenig seine Stimme und schlägt sich mit der rechten Hand an die Brust. Der Anfang wird laut gesprochen, weil es sich hier um die Bitte des Priesters für sich selbst und für den anwesenden Klerus handelt. Es ist eine Aufforderung an die Umstehenden, sich in Reue dem Gebet und der Bußgesinnung des Priesters anzuschließen. Das Klopfen an die Brust ist an dieser Stelle aber nicht nur Ausdruck von Reue und Zerknirschung. Vielmehr deuten wir es in direkter Anknüpfung an die Allegorese der Neigung des Hauptes im vorherigen Gebet, denn gleich nach dem Sterben Jesu lesen wir: „Als der Hauptmann sah, was geschah, pries er Gott und sprach: ‚Wirklich, dieser Mensch war ein Gerechter!‘ Und all die Volksscharen, die sich zu diesem Schauspiel eingefunden hatten und sahen, was vorging, schlugen an die Brust und gingen von dannen.“ (Lk 23,47 f.)

In den Worten „die auf Deine überreiche Barmherzigkeit vertrauen“ entdecken wir einen starken Anklang an den Psalm Miserere, den König David anstimmte, nachdem er schwer gesündigt hatte: „Secundum multitudinem miserationum tuarum, dele iniquitatem meam. - Gemäß Deiner überreichen Barmherzigkeit, tilge mein Vergehen!“ (Ps 50,3 Vulg) In der Bitte um Anteil und Gemeinschaft mit der triumphierenden Kirche findet sich die Wendung partem aliquam: Angesichts unserer sündigen Verfassung bitten wir in Demut wenigstens um einen kleinen Teil, eingedenk des Psalmwortes „Wahrlich, lieber ein Tag in deinen Vorhöfen als tausend in meiner Freiheit! Lieber auf der Schwelle liegen am Hause meines Gottes als in den Zelten des Frevels wohnen!“ (Ps 84,11)

Angeführt von Johannes dem Täufer werden nun 14 Märtyrer aufgelistet: 7 Männer und 7 Frauen. Aus der Zahl dieser Heiligen sei hier nur einer besonders herausgegriffen: Ignatius, Bischof von Antiochien, starb im Jahr 107 in Rom den Martertod. Von seiner letzten Reise nach Rom besitzen wir noch einige Briefe, von denen besonders der Brief an die römische Christengemeinde in eindrucksvoller Weise von seiner Opfergesinnung zeugt. Aus Sorge, die römischen Christen könnten versuchen, sein Martyrium zu verhindern, schrieb er: „Ihr könnt mir nicht besser eure zärtliche Liebe beweisen, als wenn ihr es geschehen laßt, daß ich mich zum Opfer weihe - jetzt, wo der Altar errichtet ist: begnügt euch, im heiligen Chore der Liebe Dank zu singen dem Vater in Christo Jesu. Wohl mir, wenn ich der Welt untergehe, um für Gott aufzugehen! Lasset mich den Tieren zur Speise werden, damit ich durch sie zu Gott gelange. Ich bin der Weizen Gottes und muß durch die Zähne der Tiere gemahlen werden, um reines Brot Christi zu sein. Feuer und Kreuz, Scharen wilder Tiere, Zerreißung des Leibes, Zerstückelung meiner Glieder, Zermalmung meiner Gebeine, - kurz, was immer der Teufel an Qualen ersinnen kann, alles möge über mich kommen, wenn ich nur Jesum Christum gewinne. Alle Vergnügungen der Erde achte ich für nichts, für nichts alle Königreiche der Welt: besser ist es für mich, zu sterben für Jesus Christus, als zu herrschen über alle Grenzen der Erde. Lasset mich nachahmen das Leiden meines Gottes. Meine Liebe ist ja gekreuzigt. Kein Feuer glüht in mir, das nach dem Irdischen zielt, sondern ein Quell lebendigen Wassers sprudelt in meinem Herzen und ruft mir zu: Komm zum Vater! Nur das Brot Gottes verlange ich, das Himmelsbrot des Lebens, welches ist das Fleisch Jesu Christi, des Sohnes Gottes: nur den Trank verlange ich, sein Blut, welches ist die unvergängliche Liebe und das ewige Leben!“ (Ignatius von Antiochien, Brief an die Römer)

In der abschließenden Bitte um Aufnahme in das Consortium Sanctorum (= Lebens- und Gütergemeinschaft mit den Heiligen) werden wir erinnert an das Wort des heiligen Apostels Paulus: „Möget ihr in Freude Dank sagen dem Vater, der uns befähigt hat, Anteil zu erhalten am Erbe seiner Heiligen (in partem sortis sanctorum) im Lichte.“ (Kol 1,12)

 

P. Martin Ramm

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